TRAUMA UND YOGA – TEIL 1

Yoga ist nicht nur eine wunderbare Methode zur Anwendung in der Traumatherapie – Yoga IST Traumatherapie. Der folgende Artikel ist Teil eins einer Serie, die ich euch hier zur Verfügung stellen mochte – fur alle, die an Traumaheilung interessiert sind.

Mehr Informationen uber mich findet ihr auf www.sandrahayes.de.

Das Oxford Wörterbuch definiert psychologisches Trauma als eine „starke psychische Erschütterung, die (im Unterbewusstsein) noch lange wirksam ist.

Das Wort Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Wunde“. 

Es bezieht sich also auf die emotionale und psychische Reaktion auf ein überwältigendes oder belastendes Ereignis, durch das die psychischen Schutzmechanismen überfordert werden.

Oder einfacher gesagt – es ist ein Ereignis, das das Nervensystem überfordert, so dass das Erlebte nicht vollständig verarbeitet werden kann, und im Unterbewusstsein weiterwirkt.

Es kann sich dabei sowohl um ein akutes Ereignis handeln, wie zum Beispiel einen Unfall, einen Überfall oder eine Naturkatastrophe, oder auch um multiple Ereignisse variierender Natur, die zu einem komplexen Trauma führen, wie sie z.B. Menschen in Kriegsgebieten erleben.

Laut ICD10 geht es dabei um Ereignisse, die mit „außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmass“ einhergehen, die „mit starker Angst, Hilflosigkeit oder Grauen“ erlebt wurden.

1.1 ENTWICKLUNGSTRAUMA 

Aber auch regelmassige, lang andauernde, kleinere Ereignisse, wie z.B. Kindheitserlebnisse, die dazu führen, dass Teile des authentischen Selbst abgespalten werden, da sie als „nicht sicher“ erlebt werden, können Stress und Trauma auslösen, die sich langzeitlich auf die psychische und physiologische Gesundheit auswirken.

Dabei kann es sich um Vernachlässigung oder Missbrauch handeln, aber auch andere Faktoren, wie z.B. die Scheidung der Eltern spielen hier eine grosse Rolle.

Auch von Arbeit oder eigene Traumata gestresste Eltern bewirken eine Ansammlung von Ereignissen, die wir in unserer Gesellschaft vielleicht als „Normal“ bezeichnen, die aber, vergleicht man sie mit den wirklichen Bedürfnissen der menschlichen Natur, alles andere als „gesund“ auf unsere Psyche einwirken. 

Der weltweit bekannte, ungarische Arzt und Trauma Experte Gabor Mate hat dies in seinem Buch „“Vom Mythos des Normalen“ eingehend beschrieben. Laut Gabor Mate haben alle Menschen zwei fundamentale Bedürfnisse: Soziale Verbindung und Authentizität. Beide Bedürfnisse müssen erfüllt werden – aber oft steht das in Opposition gegen das andere.

Wenn ein Kind sein authentisches Selbst und seine Emotionen ausdrücken will, indem es z.B. laut weint, der gestresste Elternteil aber mit Wut oder Liebesentzug reagiert, lernt das Kind im Laufe der Zeit, dass es nicht Sicher ist, Emotionen offen zu zeigen und beginnt diesen Teil des Selbst zu unterdrücken. 

In diesem Fall ist es nicht der Körper, dessen Leben bedroht ist, sondern das Selbst – die Seele. 

Ein wiederholtes Erleben einer solchen Bedrohung der eigenen Authentizität kann sich langzeitlich ebenfalls als chronisches Trauma auswirken.

Wie stark sich die Auswirkungen solcher Erfahrungen zeigen, ist individuell verschieden. 

Gabor Mate sagt: „Trauma ist nicht das, was dir passiert, sondern das, was in dir passiert, als Folge dessen, was dir passiert ist.“. 

Das bedeutet, dass es sehr stark auf die Konstitution des Individuum ankommt, wie sehr ihn/ihr ein Ereignis belastet. 

1.2 TRAUMA AUS AYURVEDISCHER SICHT

In der Ayurvedischen Psychologie vergleicht man die Verarbeitung von Sinneseindrücken mit der körperlichen Verdauung: Durch die 5 Sinne werden Eindrücke als feinstoffliche Nahrung dem Nervensystem zugeführt. Dort werden diese verarbeitet, assimiliert und die brauchbare Information wird gespeichert. Die „Reststoffe“ werden dann in Form von Aktivitäten (körperlich, verbal, kreativ) aus dem Nervensystem wieder ausgeschieden und an die Umwelt abgegeben. Ein „Zuviel“ an Informationen, die das Nervensystem überfordern, wird im Unterbewusstsein abgelagert.  Genau wie auch körperliche Reststoffe, die nicht vollständig verarbeitet werden mit der Zeit toxisch werden (z.B. Calcium Ablagerungen oder zu viel Glukose im Blut), wirken sich auch die unbewussten psychischen „Ablagerungen“ störend auf die Gesundheit aus. Das Unterbewusstsein versucht ständig uns daran zu erinnern, dass auch diese Themen noch verarbeitet werden müssen, was dazu führt, dass wir in unterschiedlichsten (und unpassendsten) Momenten getriggert werden. 

Das führt dann zu reaktivem Verhalten und wirkt sich mit längerer Zeit auch Schädlich auf das gesamte Gesundheitssystem aus. 

Auch hier kann es sein dass regelmassige „kleine“ Ereignisse, die wir als ganz normal betrachten, sich zu einem chronischen Trauma anhäufen. 

Ein Beispiel dafür ist das gewohnheitsmäßige konsumieren von Nachrichten. Da die meisten von uns diese, meist negativen Informationen nicht durch beispielsweise politischen Aktivismus wieder  aus dem Nervensystem „ausscheiden“, sondern lediglich konsumieren, wirken sie sich auf Dauer ungünstig auf unsere psychische Stimmung aus. 

Auch akute, lebensbedrohliche Situationen und deren traumatischen Folgen unterliegen denselben Mechanismen.

Laut Ayurveda ist es daher überaus wichtig, dass auch psychische Eindrücke durch ein gesundes Nervensystem verarbeitet, und durch körperliche Bewegung und Kreativität wieder ausgeschieden werden können. 

Um Trauma zu verarbeiten, brauchen wir also Methoden, die genau das möglich machen.

2. WAS PASSIERT IM KÖRPER?

Wenn unser Selbst nicht sich selbst sein kann, ist es in seiner Existenz bedroht. Ob in wirklich lebensbedrohlichen Situationen (z.B. während eines Übergriffes) oder in wiederholten Situationen, in denen wir es als zu bedrohlich empfinden, authentisch zu sein – die Reaktion des Nervensystems ist mehr oder weniger dieselbe. 

Im Idealzustand befindet sich unser Körper in einer Homöostase, einem Gleichgewicht der Bewegung und Ausschüttung sowie des Zusammenspiels der Flüssigkeiten, Hormone, Organsysteme etc. 

Bei einer akuten Bedrohung, wird dieses Gleichgewicht jedoch gestört, um besondere Notfall-Funktionen zu aktivieren. 

Dazu wird zunächst einmal eine vermehrte Ausschütten des Hormones Cortisol angeleitet. 

Cortisol stimuliert die Produktion von Adrenalin und beide Hormone fliessen dann frei durch den Blutkreislauf, wodurch eine Reaktion des Sympathischen Nervensystems (SNS) aktiviert wird. 

Dadurch wird unsere Wahrnehmung, unser Denkvermögen und, wenn nötig, auch unsere Schmerztoleranz erhöht, damit wir mit schwierigen Notfall-Situationen besser umgehen können. 

Vor allem die Herzfrequenz und Atmung wird erhöht, damit mehr Sauerstoff in die Muskelzellen geraten kann und mehr Kraft und Schnelligkeit ermöglicht wird. Auch Glucose wird vermehrt von der Leber in den Blutkreislauf freigegeben, um Energie für den Notfall zu ermöglichen. Um das zu ermöglichen, wird die Ausschüttung von Insulin unterdrückt.

Dafür wird entsprechend weniger Energie für die Verdauung von Nahrung oder für das Immunsystem verwendet. Das Sympathische Nervensystem wird also angeregt, wahrend das Parasympathische NS stillgelegt wird. 

Auch die Lust zum Geschlechtsverkehr dabei wird unterdrückt, damit Fortpflanzung in Gefahrensituationen gar nicht erst passiert – und damit auch allgemein die  Lust an allem was Vergnügen bereitet. 

All diese Mechanismen helfen uns, im akuten Stress zu überleben, und auch kurz danach  (die Cortisolausschüttung hat seinen Höhepunkt nach ca. 20 Min) noch adäquat reagieren zu können. 

Im Normalfall besteht die Gefahr ja auch nur mehr oder weniger kurzzeitig und danach reguliert sich der Körper wieder ganz von selbst. 

Unter manchen Umständen ist dieser Regulierungsprozess aber gestört:

A) wenn Stress chronisch wird, oder 

B) wenn die Stressreaktion aus verschiedenen Gründen nicht zu Ende geführt werden kann. 

Die Folgen davon sind vielfaltig. Auf körperlicher Ebene entwickeln sich unter Umstanden etliche langfristige Probleme wie Verdauungs- und Stoffwechselstörungen, Entzündungen, Dehydration und viele weitere, daraus resultierenden Folgen. 

Auch auf psychischer Ebene entwickeln sich alle möglichen Symptome wie Angstzustände, Depressionen, Lernschwierigkeiten und Konzentrationsstörungen, Suchtprobleme, Essstörungen, Bindungsstörungen und viele mehr.

2.1 POLYVAGAL THEORIE 

Das autonome Nervensystem (der Teil des Nervensystems, der „automatische“ Funktionen ausführt wie Herzschlag, Atmung, Verdauung, u.s.w.), besteht aus dem Sympathischen (aktivierenden) und dem Parasympatischen (regenerierenden) NS. 

Der Vagus Nerv ist bekannt als die längste und am weitesten verzweigteste (Vagus = Wandernd) Nervenbahn des parasympathischen Nervensystems. 

Er ist der 10. der 12 Hirnnerven, die direkt im Gehirn entstehen und unter anderem unsere Sinnesorgane und Gesichtsmuskeln versorgen, damit wir mit der Aussenwelt kommunizieren können. Der Vagus Nerv wandert vom Gehirn aus durch den Hals in den Körper und verbindet dabei wichtige Regionen und Organfunktionen wie unsere Verdauung, Atmung, Kreislaufsystem und unsere Nieren- und Blasenfunktionen. 

Auf seinem Weg führt der Vagus Nerv durch den Rachen und hinunter bis zum Beckenboden. 

80% der Vagusnerv-Zellen sind sensorisch, d.h. sie bringen Information vom Körper zum Gehirn („bottom-up“), und 20% motorisch, das heisst, Informationen werden vom Gehirn zum Körper kommuniziert („top-down“). Der Vagusnerv ist also sehr sensibel und reagiert entsprechend auf Stimulation von aussen. 

In den 1990er Jahren hat der amerikanische Wissenschaftler Dr. Stephen Porgess entdeckt, dass der Vagus Nerv nicht, wie bisher geglaubt, nur eine einzige Funktion hat, sondern mehrere, die wichtig sind, um Stress- und Traumareaktionen im Nervensystem richtig zu verstehen: 

Der Vagusnerv verläuft in zwei Haupt-Bahnen, die beide mit dem Sympathikus verbunden sind. Der hintere (dorsale) Ast stimuliert unseren „freeze-response“, wenn wir keine andere Möglichkeit sehen als in einer bedrohlichen Situation aufzugeben. Emotional kann sich das in vielfacher Weise  äussern – Hoffnungslosigkeit, Taubheit, Scham oder Dissoziation – und körperlich sind eine Verlangsamung des Stoffwechsel, Blutdruck und Atem eine Folge. Um aus diesem „Freeze-Response“ wieder herauszukommen, wird zunächst der Sympathikus angeregt, der es uns ermöglicht, wieder aktiv zu werden. Hier – in freier Natur – schütteln wir das Trauma wortwörtlich ab. Wir bewegen uns, rennen weg oder zittern, um uns dann wieder unserer Herde, unserem Rudel, bzw unseren Mitmenschen wieder anschliessen. Hier, in der sozialen Verbindung, wird der ventrale Ast aktiv. Diese Funktionen sind, laut Dr. Porges, wichtig, um zu verstehen, wie bestimmte Verhaltensweisen und psychische Probleme nach traumatischer Erfahrung entstehen und wie sie sich effektiv behandeln lassen können.

Obwohl die Polyvagaltheorie  in der konventionellen Medizin als fragwürdig gilt, wird sie häufig in der Traumatherapie mit Erfolg mit einbezogen. Einer der Mittel, die dabei als Test angewandt werden ist die Herzfrequenzvariabilitat (HFV). Eine hohe HRV zeigt eine gute Funktion der neutralen Kommunikation, eine niedrige dagegen deutet u. U. auf ein bereits vorhandene Störungen im Autonomes NS. 

Körperarbeit und Bewegung, Atemübungen und Achtsamkeit sind hier wichtige Hilfsmittel, die in der Arbeit mit Trauma-Patienten vermehrt Beachtung finden und sich direkt mit der Funktion des Nervensystems auseinandersetzen.  

2.2 FASZIEN UND TRAUMA

Faszien sind Bindegewebe und umgeben nicht nur unsere Muskelfasern sondern jede einzelne Zelle unseres Körpers. Ihre „Grundsubstanz“ besteht u. A. aus Collagen, Elastin und Fasern in verschiedenen Zusammensetzungen.  Diese Gel-Artige Matrix ist eine sog. nicht-newtonische Flüssigkeit, d.h. sie verhärtet, bzw verflüssigt sich, je nach  Stimulation von aussen. Vergleichbar mit einem Brei, den man aus Wasser und Maisstärke anrührt und der, schlägt man mit einem Löffel auf dessen Oberflache ein, sich wie Beton verhärtet, sich aber aufweicht und verflüssigt, wenn man denselben Löffel langsam hineingleiten lässt. 

Durch diesen Vergleich kann man sich vorstellen, wie ein harter Schlag sich auf die Faszien auswirkt – jede Art von Trauma, sei es körperlich oder emotional (auch ein harter Schlag des Lebens erzeugt dieselbe Reaktion), bewirkt auch in Faszien eine Verhärtung. Es entsteht dabei ein Entzündungsprozess, in dem sich Immunzellen und weisse Blutkörperchen in der entsprechenden Gegend ansammeln und eine vermehrten Produktion von Fasern und Collagen (das Struktur-bildende Protein) anregen, was dann zu der Verhärtung führt.

Bei einem psychischen Trauma oder chronischen Stress entstehen diese Prozesse durch interne Stimulation, vor allem durch das Einwirken von Stresshormonen. Auch ein niedriger (saurer) PH Wert, (der auch Ernährungsbedingt entstehen kann), wirkt sich so auf die Faszien aus. 

Diese Verdickung der Faszien soll zwar eigentlich in erster Linie zum Schutz vor weiterem Stress oder Trauma dienen, ist aber bei chronischem, psychischen Stress nicht wirklich hilfreich. Zudem kommt, dass sich auf Dauer durch die Verhärtung der Faszien eine Steifheit der Glieder, eine ungesunde Haltung sowie chronische Schmerzen entwickeln können. Diese wiederum geben ein Feedback zurück an das Nervensystem, das mit Stress reagiert und so entsteht ein Kreislauf von Stress-reaktionen.

Sanfte, gleitende, harmonische und langsame Bewegungen dagegen, die sich wiederholen, Entspannung bei gleichzeitiger Stimulation, wie in manchen Yoga-Arten oder auch in der Massage haben dagegen eine Rehydrierung, ein Aufweichen, zur Folge, was wiederum den gesamten Organismus wieder in einen Ausgeglichenen Zustand verhilft. 

Der Faszien Forscher Robert Schleip bezeichnet Faszien als sensible Organe, die wie ein drittes Gehirn durch Nervenenden alles in unserem Körper verbinden – von der kleinsten Zelle bis zum grössten Muskelstrang. 

Die Gesundheit der Faszien ist also rückwirkend ebenso wichtig für eine gesunde Stress- und Traumaverarbeitung, wie die Gesundheit des Gehirns und der Nervenzellen. 

2.3 DER ATEM 

In der Stress- und Traumaforschung wird auch der Atem immer mehr untersucht. So, wie unser Autonomes Nervensystem den Atem beeinflusst, kann auch der Atem das Nervensystem beeinflussen. 

So spielt es z.B. eine Rolle, ob wir durch den Mund oder durch die Nase atmen. Die Nasenatmung hat einen direkten Einfluss auf unsere Gehirnaktivität – sie erhöht die Hirn-Frequenz und fördert unsere Aufmerksamkeit und Konzentration und steht in Zusammenhang mit der Beweglichkeit der Hirnmasse und der Hirnflüssigkeit. 

Mundatmung dagegen verringert die Durchblutung des Gehirns und umgeht die wichtige Filterung der Luft, die durch die Nasenatmung gewährleistet wird, was etliche gesundheitliche Folgen haben kann.

Mundatmung ist – wie alle Stressreaktionen – als Notfallfunktion vorhergesehen. 

1895 Entdeckte der Wissenschaftler Richard Keyser den Nasen Zyklus: Alternativ schwellen die Innenwände der Nasenlöcher in einem Zyklus von durchschnittlich 2-3 Stunden an und wieder ab. Das heisst, dass immer jeweils ein Nasenloch bei der Nasenatmung dominiert. Daraus entsteht auch eine wechselnde Wirkung auf die rechte und linke Hirnhälfte. Dieser Zyklus wird vom Hypothalamus aus gesteuert und durch den Sympathikus aktiviert. 

Auch die Ein- und Ausatmung reguliert unterschiedliche Funktionen: Beim Einatmen wird der Sympathikus angeregt, was zu einer Steigerung des Pulsschlags führt, während beim Ausatmen der Parasymphatikus aktiv und Puls verlangsamt wird. Diese sog. Herzfrequenzvariabilität weist direkt auf den Zustand des Autonomen NS hin, und kann auch so ganz einfach getestet werden, wie es in Stanley Rosenberg’s Buch „Der Selbstheilungsnerv“ beschrieben wurde. 

Eine längere Ausatmung stimuliert also umso mehr den Vagusnerv und beruhigt Stressreaktionen im gesamten NS. 

3. PSYCHISCHE FOLGEN VON TRAUMA

Peter Levine sagt in seinem Buch „Sprache ohne Worte“:

„Zu einem Trauma kommt es dann, wenn wir zutiefst verängstigt sind und an körperlicher Bewegung gehindert werden, oder uns in der Falle fühlen.“

Und:

„Wahrend eines solchen Notfallmechanismus, wenn er wie bei einem Trauma chronisch geworden ist, befinden sie sich in einem Zustand hilfloser

Resignation und haben keine Energie, ihr Leben aktiv zu leben und Schritte nach vorn zu tun.“

Die „Posttraumatische Belastungsstörung“ ist die Diagnose, die in vielen Fällen als Folge von Trauma erstellt wird. Laut ICD10 sind deren typischen Merkmale das wiederholte Erleben des Traumas in Erinnerungen, die sich dem Bewusstsein ungewollt aufdrängen, sowohl im Wachzustand als auch in Träumen, bzw. Albträumen.

Die Ursprungsemotion, die jedem Trauma zugrunde liegt ist Angst. 

Das sich „Aufdrängen“ der verdrängten Angst geschieht, weil das Unterbewusstsein uns Gelegenheit bieten will, diese zu Verarbeiten. 

Wenn wir – bzw. unser Nervensystem – aber nicht bereit dazu sind, verdrängen wir sie immer wieder neu. 

Der chronisch gewordene „Freeze-response“ zeigt sich auch im täglichen Leben in Form von emotionaler Taubheit, Dissoziation, Gleichgültigkeit, Freudlosigkeit, Energielosigkeit und Vermeidungsverhalten. Auch unverarbeitete Gefühle wie Schuld oder Scham bleiben unbewusst aktiv und lenken das Verhalten des Betroffenen. 

Oft ist Überreiztheit, Schreckhaftigkeit und unkontrollierte Aggression ein weiteres Symptom. Depression und Suizidalität sind nicht selten.  

Peter Levine deutet in seinem Buch „Sprache ohne Worte“ darauf hin, dass Trauma-induzierte Emotionen nicht direkt behandelt werden sollen, sondern über den Körper. 

In einem Interview mit Martin Caparotta erklärte Gabor Mate:

„Ein Trauma liegt vor, wenn jemand weniger fühlt und wenn er oder sie weniger flexibel auf die Welt reagieren kann. Das ist die Reaktion auf eine Verwundung….Die Wunde bereitet dir Schmerz, und dein Verhalten basiert dann auf diesem Schmerz. Sie erzeugt Angst, und dein Verhalten basiert dann auf dieser Angst. Ohne dass du es weißt, wird also dein ganzes Leben von der Angst und dem Schmerz, denen du auf verschiedene Arten und Weisen zu entkommen versuchst, gesteuert.Trauma ist nicht das, was dir jetzt passiert, sondern es ist das, was als Resultat dessen, was dir passiert ist, in deinem Inneren stattfindet. Trauma ist die Narbenbildung, die dich starrer und weniger flexibel macht und die dich dazu bringt, dass du weniger fühlst und dass du dich eher in einer Verteidigungsposition befindest.“

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